Früherkennung für Autismus bei Embryonen

Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und ein Lackmustest für die Humanität unserer Gesellschaft ist der Umgang mit dem Leben und der Frage, welches Leben lebenswert und zumutbar ist.

Seit der großen Abtreibungsdebatte vor einigen Jahrzehnten haben wir es uns daran gewöhnt, dass nicht jedes Leben das gleiche Recht darauf hat, zu existieren und sich zu entfalten. Die Früherkennung für Menschen mit Trisomie-21 (aka „Down-Syndrom“) ist mittlerweile so gut, dass fast keine Kinder mit diesem Gendefekt mehr zu Welt kommen – nicht, weil sie geheilt werden, sondern weil sie bereits im Mutterleib getötet werden, da man weder ihnen noch den Eltern so ein Leben „zumuten“ möchte. Merkwürdig nur, dass die meisten Menschen mit Trisomie-21 gar nicht empfinden, dass ihr Leben für sie eine Zumutung ist.

Jetzt wurde ein genetischer Frühtest für Autismus entwickelt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen soll, ob ein Kind diese Tendenzen aufzeigen wird. Autismus ist dabei eine Entwicklungsstörung, die eine hohe Bandbreite an ganz verschiedenen Symptomen und Ausformungen beinhaltet. Es gibt ganz leichte Formen von Autismus, die im Alltag nur wenig Auswirkungen hat – bis hin zu Extremformen von Autismus, die mit geistiger Behinderung einhergehen. Deshalb spricht man mittlerweile von Autismus-Spektrum-Störung (ASS).

Wenn dieser Frühtest wie bei Trisomie-21 dazu führen wird, dass jedes Baby, das potentiell eine ASS aufweisen könnte, abgetrieben wird, dann ist das ein Drama und ein weiterer Rückschritt unserer Gesellschaft in die Willkür, über das Lebensrecht und den Lebenswert von anderen Menschen zu entscheiden.

Und wie bei allen ethischen Debatten wird es auch hier darum gehen: 1. Jede Entscheidung zu mehr Freiheit in diese Richtung wird die Tür für weitere Freiheiten in Zukunft öffnen, egal wie sehr man beteuert, dass es nur um diesen Grenzfall gehen soll. Daraus resultiert 2. die Frage, wo das enden wird? Wo wird unsere Gesellschaft die Grenzlinien für den Schutz des Lebens ziehen, auch wenn es bedeutet, Einschränkungen in der Lebensqualität hinzunehmen und Unvollkommenheiten auszuhalten? Das vermeintliche Ende der Fahnenstange in ethischen Fragen hat sich oft nur als Nebelwand herausgestellt, die immer weiter nach hinten rückt, je weiter man auf der Fahnenstange vorangeht.


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