Der Direktor der Liebenzeller Mission, Pfarrer Detlef Krause, hat sich in der Idea kritisch zum sog. „hörenden Gebet“ geäußert.
Was ist hörendes Gebet? Kraus definiert es so:
Dabei geht es laut Krause um „prophetisches Beten und Sprechen“ in einer kleinen Gruppe. Die Teilnehmer wendeten sich „hörend“ an Gott, um Botschaften für eine Person zu erhalten, ohne sie und ihre Situation zu kennen.
Das beschreibt die Sache relativ gut. Ich selbst habe keinen charismatischen Hintergrund. Das Gegenteil ist eher der Fall.
Ich habe letztes Jahr einen 15-Monatigen Seelsorge-Kurs von Ignis besucht. Bei diesem Seelsorge-Konzept spielt so etwas ähnliches wie das hörende Gebet eine wichtige Rolle. Durch das Seelsorgegespräch kennt man die Person gegenüber und ihre Situation zumindest ein wenig. Nachdem die Person ihre Situation geschildert hat und man heruntergebrochen hat, was genau das Problem ist, nimmt man sich Zeit dafür, darauf zu hören, was Gott der Person in diese Situation hinein sagen möchte.
Wie erwähnt, komme ich selbst aus einem Nicht-charismatischen Hintergrund. Und dementsprechend war ich zunächst etwas skeptisch gegenüber diesem ganzen Konzept.
Es birgt tatsächlich auch einige Gefahren und die Tür für geistlichen Missbrauch kann sich leicht öffnen. Nämlich dann, wenn man den Eindruck erweckt, als wäre das, was man an Eindrücken empfangen hat, das direkte Reden Gottes, als würde man „im Namen des Herrn“ sprechen. Man gibt aber nie das „reine Reden Gottes“ wieder, sondern einen Eindruck, gefiltert durch den eigenen sündigen Verstand.
Das sieht auch Krause so:
Nach seinen Worten sind die Autoren überzeugt, dass es möglich sei, Gottes „reines“ Reden hören zu können. Es sei jedoch zu hinterfragen, „ob wir im Hören auf Gott alle ‚Störfaktoren‘ unserer gesamten Persönlichkeit ausschalten können“. Woher könne man wissen, dass ein Gedanke, ein Bild oder eine andere Wahrnehmung vom Heiligen Geist sei? Krause: „Wir können unseren Verstand, unser Unterbewusstsein, die Erinnerungen und was uns Menschen ausmacht nicht abschalten, wenn wir Gottes Stimme hören. Mit wie viel Sicherheit kann ich dann einem anderen sagen: Das sagt dir Gott?“
Für Ignis spricht dabei ganz klar, dass genau davor gewarnt worden ist. Es wurde sehr oft betont, dass die Eindrücke, die man während der stillen Gebetszeit erhält, geprüft und nicht einfach unhinterfragt übernommen werden sollen. Das ist ein ganz biblisches Prinzip, denn Paulus betont, dass jede prophetische Rede – worunter ich auch hörendes Gebet einordnen würde – der Prüfung unterzogen werden muss (1Kor 14,29).
Im Praxisteil wurde ein Seelsorge Szenario während jedes Fortbildungs-Wochenendes durchgespielt. Dabei war man immer auch Seelsorger und Ratsuchender. Durch diese ganz praktischen Übungen habe ich diese stille Gebetszeit sehr zu schätzen gelernt. Ich hatte nie eine total überwältigende Erfahrung, wie sie manchmal beschrieben werden. Aber es gab einige interessante Erlebnisse, die mich doch überrascht haben. Sowohl auf der „Sender“ als auch auf der „Empfänger“-Seite. Und das nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Teilnehmern des Kurses.
Ich bin immer noch sehr zurückhaltend, was das „hörende Gebet“ angeht. Auf der anderen Seite ist mir klar geworden, dass Gott tatsächlich reden kann, und zwar nicht nur ganz allgemein durch andere Christen oder die Bibel. Und wir tun uns keine Freude damit, wenn wir das von vornherein ausschließen und das Reden Gottes in unser Leben hinein begrenzen. Und Gott kann nur dann mit uns reden, wenn wir ihn reden lassen, ohne ich vollzuquasseln. Leider geht es mir selbst immer noch zu oft so, dass ich Gebet als eine sehr einseitige Angelegenheit behandle, bei der ich meistens rede und sie dann beende, bevor ich Gott die Möglichkeit gegeben habe, zu antworten.
Wichtig ist, dass man alles richtig einordnen kann, sowohl als Sender als auch Empfänger: Dass man die Person gegenüber nicht geistlich unter Druck setzt und sich selbst auch nicht unter Druck setzen lässt. Wenn man einen ganz natürlichen Zugang dazu findet, dann denke ich, dass auch das „hörende Gebet“ ein Baustein des Wirkens Gottes in unserem Leben sein kann.
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