Ein interessantes Verständnis von Selbstbestimmung offenbart Barbara Stiegler – die ehemaliger Leiterin des Arbeitsbereiches Frauen- und Geschlechterforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung – im Spiegel Interview:
Bestimmte Rollenkonstellationen wie die berühmten Cappuccino-Mütter sind schon eine Gefahr für die Gleichstellung. Sie machen dieselbe klassische Arbeitsteilung wie ihre Mütter, sagen aber, sie hätten sich das selbst ausgesucht. Das würde ich als Rollback bezeichnen, wenn Frauen dies als Selbstbestimmung definieren, anstatt auf die Strukturen zu gucken, die dazu führen.
Natürlich ist es eine Möglichkeit, dass eine bestehende gesellschaftliche Struktur es Frauen schwerer macht, sich gegen Hausarbeit und für einen Beruf zu entscheiden. Daran sollen der Staat und die Gesellschaft auch arbeiten.
Aber mich erschreckt doch immer wieder die Ansicht, dass alle Frauen, die sich für Hausarbeit entscheiden, nur tragische Opfer des Systems sind. Es könne auf keinen Fall sein, dass sie sich tatsächlich aus freien Stück selbst dafür entscheiden. Eine Frau bei gesundem Menschenverstand könnte das doch nicht wollen.
Interessant ist aber auch der Blick auf den Lösungsansatz für das Dilemma, dass Frauen weiterhin mehr Arbeit im Haushalt leisten. Die Lösung: Andere Personen – und damit faktisch andere Frauen – sollen für die Haushaltsarbeit eingestellt werden, damit Frau die Freiheit hat, wieder arbeiten zu gehen – möglicherweise im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen, denn in dem Bereich werden viele neue Arbeitskräfte benötigt, damit Frauen im Bereich der Hausarbeit entlastet werden, damit sie die Freiheit haben, wieder arbeiten zu gehen … Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Jeder Mann und jede Frau hat das Recht, eigene Lebensentscheidungen zu treffen. Und so gut es geht, soll der Staat dafür auch Voraussetzungen schaffen. Aber das kann nur in einem gewissen Rahmen funktionieren und dann stößt das System an seine Grenzen, die auch mit besten Absichten nicht zu überwinden sind. Für mich wird das durch das Interview ein Stückweit sichtbar.
Auf der anderen Seite sollte man bitte damit aufhören, die freiwillig gewählte Arbeit im eigenen Haushalt konstant schlecht zu reden – bis dahin, dass im Haus arbeitende Frauen zur Gefahr für die fortschreitende Emanzipierung stilisiert werden.
Arbeit – egal von wem und in welchem Umfeld geleistet – hat einen Wert in sich selbst und verdient entsprechende Anerkennung, unabhängig davon, ob sie bezahlt wird oder freiwillig unentgeltlich geleistet wird.
Und meine Frau hat im Haushalt mit drei Kindern nur selten Zeit, einen Cappuccino zu schlürfen …