Schulzwang ist wie Zwangsprostitution

Ich finde es faszinierend, wie Gedanken recycelt werden und wie die Gesellschaft dann darauf reagiert, je nach dem, aus welcher Richtung die gleichen Gedanken geäußert werden.

Als konservative Stimmen der Gesellschaft sich gegen freizügige Darstellungen von Frauen in Medien aufgeregt haben, waren sie prüde und rückwärtsgewandt. Sexuelle Freizügigkeit war ein Zeichen für Modernität und Freiheit.

Bis … ja, bis vor ein paar Jahren sexuelle Freizügigkeit im Rahmen der #metoo Debatte plötzlich als anti-feministisch galt.

Bento hat – mal wieder – einen sehr interessanten Artikel veröffentlicht. Diesmal über Kevin Kühnert und dem Verein „Demokratische Stimme der Jugend“ (DSdJ). Das ist ein progressiver Verein, der sich dafür einsetzt, dass Jugendliche in der Politik mehr Einfluss nehmen.

Dabei bin ich über dieses Zitat gestolpert:

Die Schulpflicht wird kritisiert:

Das Kind macht es dann doch, weil es kaum anders geht und es Angst vor Autoritäten hat, denen es gehorchen muss. Dieser Zustand kann entfernt mit „Zwangsprostitution“ verglichen werden, wobei „Zwangsprostitution“ noch als moralisch verwerflich betrachtet wird und der Schulzwang im anerkannten Rahmen der beschränkten Kultur liegt.

Ich wollte sichergehen, dass das tatsächlich so von der DSdJ formuliert wurde. Und tatsächlich, in ihrem „Manifest jugendlicher Visionen“ steht das so drin:

Wir haben gemerkt, dass uns einige Hürden daran hindern, frei zu sein. Beispielsweise der Schulzwang, der jedem Kind bewusst oder unbewusst zu schaffen macht. Weil es gezwungen wird etwas zu tun, gegen das es manchmal keine Widerstände hat, aber dass es ganz oft lieber nicht machen würde. Das Kind macht es dann doch, weil es kaum anders geht und es Angst vor Autoritäten hat, denen es gehorchen muss. Dieser Zustand kann entfernt mit „Zwangsprostitution“ verglichen werden, wobei „Zwangsprostitution“ noch als moralisch verwerflich betrachtet wird und der Schulzwang im anerkannten Rahmen der beschränkten Kultur liegt.

Kritik an der Schulpflicht? Bisher kannte ich Kritik an der Schulpflicht vor allem von den Homeschoolern. Und jede Kritik an der Schulpflicht wird abgebügelt und abgelehnt.

Auf einmal gibt es aber Kritik an der Schulpflicht aus links-progressiver Richtung. Ich warte noch auf den Tag, an dem diese Sicht plötzlich Massentauglich wird und die Schulpflicht als kapitalistisches Herrschaftsinstrument des alten weißen Mannes gebrandmarkt wird.

Aber ich finde es faszinierend, wie Ideen, die aus einer bestimmten Richtung kommen, komplett abgeblockt werden. Und dann tauchen die gleichen Ideen, teilweise mit identischen Begründungen, wenn auch anderer Wortwahl, aus einer anderen Richtung auf und plötzlich sind sie progressiv und akzeptabel.


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